Die Rotwangenschildkröte

                                                                                                                          (Juni 2005)


Rotwangenschildkröten werden in den USA massenhaft in Farmen gezüchtet und dann nach Europa exportiert. Für wenig Geld sind die kleinen Schildkröten in Zoogeschäften zu erwerben und gelangen dann über den Umweg Zimmeraquarium in die freie Natur. Denn schnell werden die Schildkröten dem ein oder anderen Besitzer in ihren Becken lästig oder einfach zu langweilig und er entledigt sich ihrer dann oft noch mit reinem Gewissen am nächsten See, mit dem Gefühl, dem Tier die Freiheit zurück gegeben zu haben. Auch wachsen die Tiere schnell heran und ein kleines Aquarium reicht einfach als Heimat für die Schildkröte nicht mehr aus, so dass viele Besitzer sich schweren Herzens dazu entschließen, ihre Schildkröte draußen freizulassen, da sie nicht den Platz für ein großes Zimmeraquarium zur Verfügung haben. Selbst Menschen, die ihren Schildkröten im Garten einen eigenen Teich und ein großes Freigehege zur Verfügung stellen, sind sich oft nicht darüber im Klaren, dass die Tiere auch recht gewandt über Hindernisse hinwegklettern und schnell den Garten verlassen haben, um die heimische Natur zu „bereichern“. Wie auch immer die Tiere in die Freiheit gelangt sind, zu finden sind sie mittlerweile in den meisten größeren Gewässern unserer Umgebung. Ob am Pröbsting-See, ob in den Gewässern der Anholter Schweiz oder denen der Rheinaue Walsum- Rotwangenschmuckschildkröten muss man an sonnigen Tagen nicht lange suchen. Sie sitzen irgendwo am sonnenbeschienenen Ufer oder auf im Wasser treibenden Ästen und genießen die Sonne. Dort, wo sie sich noch nicht an den Menschen gewöhnt haben, springen sie blitzschnell ins Wasser, wenn man sich ihnen unvorsichtig nähert. 

 

Auch wenn viele Menschen sich freuen, Schildkröten in freier Natur bewundern zu dürfen, erwünscht ist diese Faunenverfälschung nicht. Die Auswirkungen, die das Auftauchen neuer Tierarten auf die heimische Fauna hat, sind gar nicht zu überblicken. Rotwangenschmuckschildkröten sind karnivor, d.h. sie essen Fleisch. Frösche, Molche und die anderen bei uns heimischen Amphibien stehen ganz oben auf ihrem Speisezettel; sie werden von hinten gegriffen und verzehrt. Man kann sich also gut vorstellen, welch enorme Verluste die heimische Amphibienwelt durch die Rotwangenschmuckschildkröten hinnehmen muss, wenn man auf einem Spaziergang durch die Anholter Schweiz gleich mehrere Dutzend dieser zugegebenermaßen wunderschönen Tiere beobachtet hat. In zunehmendem Alter nehmen diese Schildkröten allerdings auch vermehrt pflanzliche Kost auf. Beheimatet ist die Rotwangenschmuckschildkröte (Trachemys scripta elegans, syn. Pseudemys scripta elegans) in den mittleren USA und in Nord-Mexiko, wo sie Gewässer aller Art, die aber möglichst bepflanzt sein sollten, bewohnt. Rotwangenschmuckschildkröten lieben Flachwasserbereiche und die Möglichkeit, zu ausgiebigen Sonnenbädern. Sie gehören zur Familie der Sumpfschildkröten (Emydidae) und zur Gattung der Schmuckschildkröten (Pseudemys).


Neuerdings pflanzt sich die Art auch erfolgreich in einigen Regionen Deutschlands im Freiland vor. Als semiaquatische Art hat die Rotwangenschmuckschildkröte einen Körperbau, der mehr den See- als den Landschildkröten entspricht. Diese Schildkröten können etwa 30 Jahre alt werden, sind mit fünf Jahren geschlechtsreif und werden bis 28 cm lang. Bei Schildkröten misst man die Länge vom Kopf bis zum Schwanz am Rückenpanzer, der Carapax genannt wird. Der Rückenpanzer ist braun bis olivbraun gefärbt und trägt dunkle Ornamente. Auffällig und namengebend ist der rote Schädelfleck dieser Schildkrötenart. Der Bauchpanzer, Plastron genannt, ist gelblich gefärbt. Man kann bei Rotwangenschmuckschildkröten die Geschlechter ganz gut unterscheiden: so sind die Männchen kleiner und haben sehr lange Vorderkrallen. Der Schwanz ist dicker und länger als beim Weibchen und die Kloake ist weiter vom Panzer entfernt. Beim Männchen ist schließlich der Rückenpanzer nach innen gewölbt, beim Weibchen ist er flach.