Der Basstölpel

                                                                                                                    (Juli 2006)

 

 

 


Auf küstennahen Inseln und an steilen Brutfelsen im Atlantik befinden sich mancherorts Unzahlen von gänsegroßen weißen Meeresvögeln, den Basstölpeln. Zu Tausenden brüten diese dicht an dicht in riesigen Kolonien. Auf dem Namen gebenden Bass Rock, einem unweit der schottischen Ostküste aus dem Wasser ragender Basaltkegel eines erloschenen Vulkans, sind es 40.000 Brutpaare, in St. Kilda, einer ebenfalls zu Schottland gehörenden Inselgruppe im Nordatlantik gar noch einige Tausend mehr.  40 % des Weltbestandes dieser eindrucksvollen Meeresvögel sind in Schottland heimisch, die schottischen Meere müssen noch gute Bestände an Nahrungsfischen aufweisen. Ein gutes Dutzend der rund 30 großen Basstölpelkolonien befinden sich in Schottland, zwei in Runde und Vatsö in Norwegen, zwei an der Küste der Bretagne, die weiteren in Island, Nordamerika, Australien, Neuseeland und Südafrika. Doch so weit muss man heute von uns aus nicht mehr fahren, um diese herrlichen Meeresvögel bestaunen zu können. Mehr als 100 Brutpaare sind wieder auf Helgoland, der einzigen Hochseeinsel Deutschlands zu finden, nachdem die Vögel dort ganz verschwunden waren. Die Kolonie in Helgoland wächst zur Zeit noch weiter und schon gibt es erste Befürchtungen, dass die Basstölpel auf Kosten von Lummen und Dreizehenmöwen expandieren. Nicht nur, dass man die Vögel in Helgoland gut beobachten kann, wohl nirgendwo sonst kommt man so bequem und komfortabel zu ihnen. Keine 10 Minuten musste ich von meiner helgoländischen Unterkunft aus gehen, um zu ihnen zu gelangen.


Es gibt einen herrlichen, komfortablen Klippenrundweg, den selbst hüft-, fuß- und anderweitig geschädigte Senioren mühelos bewältigen können. Man kann sich einen Hocker mitnehmen, wenn man die Vögel im Sitzen beobachten möchte, da dort aber auch genügend Sitzbänke vorhanden sind, ist das gar nicht nötig. Die leichte Erreichbarkeit der Vögel ließ mich bereits vor dem Frühstück Gänge dorthin unternehmen und auch wenn die Sonne unterging, war ich eben mal bei ihnen.  So kam ich in den Genuss, die Vögel bei allen Lichtstimmungen zu erleben. Man braucht eigentlich kein besonders gutes Teleobjektiv, um die Helgoländer Basstölpel zu fotografieren. Ist man einmal bei ihnen, merkt man schnell, dass die Tölpel keine Furcht vor den Menschen haben. Nur wenige Meter vom Höhenweg entfernt brütet eine Gruppe von Tölpeln; man schaut ihnen direkt ins Nest und kann auch die Jungen bestens erkennen. Auch wenn die Jungvögel am Tag nur etwa dreimal gefüttert werden, man kann immer wieder mal eine Fütterung mitbekommen: die Jungen holen sich den Fisch direkt aus dem Schlund der Altvögel. Dabei werden sie gut satt und bewegen sich nach einer Fütterung manchmal kaum noch. Im August, wenn die Jungen etwa zweieinhalb Monate alt sind, scheinen die Altvögel genug zu haben von ihrem unersättlichen Nachwuchs. Der ist dann 4 kg schwer und ein Viertel schwerer als Vater oder Mutter.

 


Niedlich sieht er auch nicht mehr aus, auch nicht für Basstölpelaugen. Kurzerhand stellen sie Fürsorge und Füttern ein! Die fetten Jungen hocken noch einige Zeit im Nest und stürzen sich dann nach Art vieler Klippenbrüter vom Brutfelsen noch nicht voll flugfähig ins Meer. 10 Tage lassen sie sich von der Meeresströmung treiben, bevor sie dann notgedrungen doch zu fischen und fliegen beginnen. Im ersten Lebensjahr sind junge Basstölpel braun- braune Basstölpel fliegen jetzt im Juli immer wieder direkt neben dem Klippenweg her und versuchen bisweilen auf einem der Brutfelsen zu landen. Doch so gerne sehen dass die erwachsenen Tölpel nicht und die Jungen vom Vorjahr müssen die bittere Erfahrung machen, dass die kleinen Jungen ihnen eindeutig vorgezogen werden. Damit muss man auch als Basstölpel erst einmal fertig werden! Die erwachsenen Tölpel begrüßen sich derweil nach jedem Ausflug eines der Brutpartner ausgiebigst: man verneigt sich voreinander, schüttet den Kopf lange und anhaltend, beknabbert sich und ist allgemein einfach rührend zärtlich. Mit einer Spannweite von 175 cm und einer Körpergröße beeindrucken die Basstölpel nicht nur von vornherein sehr an Natur interessierte Spaziergänger. Kaum einer, der nicht stehen bleibt, sich nicht von den imposanten Vogelgestalten, ihrem eleganten Segelflug und ihrem gewandten raschen Flug begeistern lässt und der nicht zum Fotoapparat greift. Sicher gehört der Basstölpel zu den an meisten fotografierten Vögeln und sicher können sich auch die Ergebnisse bestens sehen lassen. Wem es in Helgoland nicht reichen sollte, sein Augenmerk beim Fotografieren auf die Tölpel zu richten, der kann sich auch an den zahlreich vorbei fliegenden Eissturmvögeln versuchen.  Auch Dreizehenmöwen, Trottellummen und die seltenen Tordalke kann man immer wieder entdecken. So einfach wie die Tölpel lassen sie sich aber nicht fotografieren!